Borreliose bei Pferden behandeln

Therapie und Behandlung von Borreliose bei Pferden

Die Borreliose (Lyme-Borreliose, LB) beim Pferd ist eine durch Zecken übertragene infektiöse, multisystemisch, multistadiale, nicht kontaginöse Infektionskrankheit. LB ist auf allen drei Kontinenten verbreitet. LB durch Spirochäten (Stäbchenbakterien) aus dem Komplex Borrelia burgdorferi sensu lato verursachte Erkrankung des Menschen und der Haustiere.

Im Jahre 1975 wurde die LB nach gehäuftem Auftreten von Gelenksentzündungen beim Menschen in der Stadt Lyme (Connecticut, USA, Connecticut ist drittkleinster Bundesstaat der USA, im Nordosten am Atlantischen Ozean) das erste Mal beschrieben. LB wurde benannt nach dem französischen Bakteriologen Borrel. Die Spezies-Bezeichnung erfolgt nach dem Schweizer Entdecker Willy Burgdorfer benannt, dem 1981 erstmals der Nachweis aus Zecken und 1982 die Anzucht des bis dahin unbekannten Erregers gelang.

Die Infektion ist eine Zoonose, deren Reservoire vorwiegend freilebende Kleinsäuger und Wildtiere darstellen.

(Zoonose = Sammelbezeichnung für alle diejenigen Infektionskrankheiten, die von Haustieren auf den Menschen übertragbar sind)

Hauptüberträger (Vektoren) sind Schildzecken der Gattung Ixodes: in Europa Ixodes ricinus, Ixodes hexagonus (in den USA Ixodes scapularis, in Asien Ixodes persulcatus).

Das Auftreten der Lyme-Borreliose ist abhängig von der Saison und Vorkommen der Zecken (häufiger im Sommer und Herbst).

Bekannt sind Erkrankungen der Haut, des Bewegungsapparates, Manifestationen der inneren Organen wie Herz und Niere, sowie des Nervensystems (Neuroborreliose).

Die Infektionen wurden bei verschiedenen Haustierarten, insbesondere beim Hund und beim Pferd beschrieben.

Vorkommen der Borreliose bei Pferden

Die beim Pferd vorkommende LB ist als eine Naturherdinfektion (Weide) zu bezeichnende Infektionskrankheit. Daher kann die LB überall dort vorkommen wo die übertragenden Zeckenarten und die infizierten Reservoirwirte im Freiland leben.

Borreliose bei Pferden und die Überträger

In Europa Zecken der dreiwirtigen Art: Ixodes ricinus, gelegentlich die Igelzecke (I.hexagonus) und die Fuchs- bzw. Marderzecke (I.canisuga).

Achtung: in der kalten Jahreszeit werden gelegentlich beide Zeckenarten aus dem Lager der Wildsäuger mit Stroh in den Pferdestall eingeschleppt!

Das Auftreten der LB ist abhängig von der Saison und Vorkommen der Zecken (häufiger im Sommer und Herbst). Besonders Weiden mit Buschwerk und an Waldrändern, dort, wo auch für freilebende Säuger als Zeckenwirte den geeigneten Lebensraum finden, ist erhöhtes Zeckenvorkommen.

Die verschiedenen Arten von Mäusen, die im Wald leben, dienen als Wirte für die Larven und Nymphen der Zecken und stellen gleichzeitig das Reservoir für die Borrelien dar.

Neben dem Wild sind es auch die Vögel, die als Transportwirte dienen.

Jedes des sich entwickelnden Zeckenstadiums (Larven, Nymphen, Adulte) kann infiziert sein und somit zum Überträger werden.

Ätiologie (Ursachen) und Pathogenese (Entstehung u. Entwicklung) der Borreliose

Der Erreger der Lyme-Borreliose ist weltweit verbreitet. In Deutschland gibt es ein Süd-Nordgefälle der Durchseuchung (Verbreitungsgrad einer endemischen Infektionskrankheit (gehäuftem Auftreten)) des Holzbocks. Während in den nördlichen Bundesländern die Zecken nur etwa zwischen 6 % bis 10 % mit Borrelia burgdorferi durchseucht sind, liegt die Inzidenz im süd- und mitteldeutschen Raum bei etwa 20 % bis 30 %. Regional liegt die Quote der infizierten Zecken bei bis zu 50 %. Allerdings fehlen aktuelle und ausreichend flächendeckende Studien in Deutschland - ebenso fehlen flächendeckende epidemiologische Studien und Daten über die Ausbreitung und das Infektionsrisiko. Auch die Details der Pathomechanismen, der Verlauf der einzelnen Krankheitsmanifestationen und deren Behandelbarkeit sind noch unzureichend erforscht.

Bei Pferden wurde weltweit das Vorkommen von mehreren Arten der durch Zecken übertragenen Borrelien beschrieben.

Mit dem Stich der Zecken in die Haut des Wirts gelangen die Borrelien in den Wirt. Von der Stichstelle ausgehend, erfolgt lymphogen und in den Geweben eine langsame Dissemination (langsame Aussaat) der Borrelien. Dadurch entsteht eine Entzündungsreaktion, die zu den äußerlich sichtbaren, sich innerhalb von ein paar Tagen ausbreitendem Erythem (Hautrötung) um den Zeckenstich (Erythema chronicum migrans, ECM), Frühsymptom für die erfolgte Infektion.

Bei Tieren ist das ECM oft schwierig zu erkennen (dichtes, langes Fell, zu dunkle Hautpigmentierung). Die weitere systemische Ausbreitung der Borrelien über das Lymphsystem erfolgt im Laufe von Wochen und Monaten mit Manifestation im Nervensystem, kardiovaskulären System und im Bewegungsapparat.

Beschrieben wurden:
Lahmheiten, wechselnde Arthritiden an mehreren Gelenken, schmerzhafte Gelenkschwellungen.

Borrelien gelingt es durch ihre drehende Eigenbewegung Gewebe zu penetrieren und in wenig durchblutende Gewebe einzudringen.

Borrelien wurden nachgewiesen: in interzellulären Räumen wie zum Beispiel in der hyalinen Substanz zwischen den elastischen Fasern in Sehnen und Knorpel, schlafend(dormant)- oder als verharrende (persistierende) Formen. So können Borrelien reaktionslos überdauern und werden dort auch nicht von Antibiotika erreicht. Borrelien vermehren sich durch Teilung und nur dann sind Borrelien für Antibiotika empfindlich.

Hierdurch lassen sich auch Rezidive bei chronischer LB und die Notwendigkeit der Wiederholungen von Behandlungen erklären (Intervalltherapie).

Symptome von Borreliose bei Pferden

Vom infektiösen Zeckenstich bis zum Auftreten der ersten Symptome beträgt die Inkubationszeit wenige Tage bis Wochen.

Bei Pferden beobachtete Frühsymptome, denen aber kaum Aufmerksamkeit geschenkt werden, sind: geringgradiges Fieber, vorrübergehende Inappetenz (fehlender Appetit), Abgeschlagenheit.

Vornehmlich befallen die Zecken die feinhäutigen Körperstellen des Pferdes. Oft reagieren die Pferde auf die Stiche mit Unruheerscheinungen, Juckreiz und umschriebener Dermatitis sowie ulzerativen Veränderungen.

Bei Fohlen löst starker Zeckenbefall Anämie und Entwicklungsstörungen aus. Zeckenbefall führt zu Immunpathoreaktionen.

!!! Serologische Untersuchungen von klinisch unauffälligen Pferden in Europa und in den USA ergaben, dass der festgestellte erhöhte Antikörpertiter (igM und IgG) bei 60% der Pferde erkennen ließ, dass Pferde häufiger infiziert sind, als dass Erkrankungen auftreten. Ein großer Teil der Infektion hinterlässt eine Seronarbe, bleibt aber bei Pferden ohne auffällige klinische Symptome.

Die bei gesicherten Erkrankungen an LB bei Pferden wiederholt beschriebenen Allgemeinsymptome schließen Fieber, Lethargie und Abmagerung ein, die auf eine erfolgte Infektion hinweisen. Je nach Stadium und Manifestation der Erkrankung wurden schmerzhafte Schwellungen eines oder mehrerer Gelenke der Vorderglied- und oder der Hintergliedmaße, allgemeine Steifheit und staksiger Gang, Ödeme, zentralnervöse Störungen, taktile Hyperästhesie der Haut und bilaterale Augenerkrankungen, wie Keratitis, Chorioidozyklitis und Atrophia et Ablatio retinae beschrieben.

Meistens werden die Pferde erst nach diesen späten Manifestation zu bezeichnenden Symptome vorgestellt.

Zu einer für LB charakteristischen Falldefinition gehören Erkrankungen des muskuloskeletalen Systems, des Nervensystems und oder des kardiovaskulären Systems, sowie das Ausgesetzsein (Exposition) gegenüber Zecken, deren Infektionspotential durch die endemische Situation als gegeben anzusehen ist.

Borreliose bei Pferden - Differentialdiagnose und Diagnose

Auf Grund der vielfältigen Manifestationen wird die LB auch als „Infektion mit Tarnkappe“ bezeichnet. Sie ist auf der Grundlage der Symptomatik allein auch unter Ausschluss ungezählter anderer Erkrankungen kaum möglich.

Hierin kann auch ein Grund für die noch kontrovers geführte Diskussion über die Bedeutung der Infektion mit Borrelien für die Ätiologie eines Krankheitsgeschehens beim Pferd gesehen werden.

Für die definierte Diagnose LB ist die Bestätigung der Infektion mit Borrelia burgdorferi durch die Laboruntersuchung notwendig. Nachweise erhöhter Ak-Titer im IgG und IgM geben grundlegende Hinweise auf das Vorliegen der Infektion. Diese Titer dürfen jedoch in ihrer Bedeutung nicht überbewertet werden. Die Untersuchung der Titer sollte gepaart und wiederholt erfolgen, um eine Titerdynamik erkennen zu lassen. Beweisend für frische Infektionen sind spezifische Banden im Immunoblot (auch Westernblot genannt).

Den zweifelsfreien Beweis einer aktuellen Infektion ergibt jedoch der kulturelle Nachweis lebender Borrelien in Gewebsproben (Hautbiopsie), der Synovia oder der Zerebrospinalflüssigkeit. Diese Anzüchtung der Borrelien aus dem genannten Probenmaterial im BSK-H-Medium setzt außer einer sauberen Probenentnahme auch Erfahrungen im Labor bei der Anzüchung von Borrelien voraus. Der Nachweis lebender Borrelien in der Kultur kann schon nach wenigen Tagen gelingen. Aufgrund der langsamen Reproduktion der Borrelien wird die Kultur jedoch über 21 Tage verfolgt.

Adspektorisch sollten die Pferde regelmäßig auf Zeckenbefall untersucht werden. Die an den Prädilektionsstellen (=bevorzugte Körperstellen z.B. Brust, zwischen den Hintergliedmaßen und alle feinhäutigen Körperstellen) sitzenden, mit den Mundwerkzeugen in die Haut tief eingebohrten adulten Zecken sind mit bloßem Auge erkennbar. Zwecks Gattungs- bzw. Artbestimmung werden die Zecken mit Hilfe einer Pinzette vorsichtig von der Körperoberfläche entnommen und die betroffenen Hautstellen sind mit hochprozentigem Alkohol zu betupfen.

Differentialdiagnostisch sind Hauterkrankungen anderer Genese sowie Pferdelausfliegenbefall auszuschliessen.

Borreliose bei Pferden - Therapie und Prognose

Je fortgeschrittener das Erkrankungsstadium um so schwieriger die Therapie und um so schlechter die Prognose für die Heilung. Eine symptomatische Behandlung wird mit der Infektionstherapie kombiniert und besteht durch Applikation von Antibiotika.

Bei Pferden wurden bislang Tetracycline und Cephalosporine (bei späten Fällen) parenteral (=am Darm vorbei, per Injektion/Infusion) angewendet. Achtung! Beim Pferd kann die unerwünschte Nebenwirkung der Kolitis (=akut oder chronisch verlaufende Entzündung des Dickdarms oder des Colon, meist mit Durchfall!) auftreten.

Die Kontrolle des Erfolges der Infektionstherapie kann durch den Nachweis von Borrelien in Biopsieproben erfolgen.

Borreliose beim Pferd - Prophylaxe und Bekämpfung

Eine Prophylaxe der Infektion mit LB besteht nur in der Vermeidung beziehungsweise der Minimierung des Befalls mit Zecken. Der weltweit verbreitete Zeckenbefall bei Pferden tritt während der Weidesaison auf.

Kausaltherapie: zeckenwirksame Antektoparasitika.

Sind mehr als 50% der Pferde eines Bestands mit Zecken befallen empfiehlt es sich alle Pferde einer Ganzspray-Behandlungsaktion oder Ganzwaschung zu unterziehen.

Zeckenwirksame Antektoparasitika sind:

  • Auf der Basis von Pyrethroiden (Permethrin, Flumethrin, Deltamethrin, Cypermethrin).
  • Phosphorsäureestern (Metrifonat)
  • Carbamidsäureestern, Amitraz, Avermectine

Prophylaxe: die Weidegebiete, die als Zeckenbiotope ausgewiesen sind, sind entweder zu meiden oder durch entsprechende Bodenverbesserung während und außerhalb der Vegetationsperiode durch entsprechende weidehygienische Maßnahmen zu bearbeiten.

Außerdem bleibt, wie bereits beschrieben, die Pferde des gesamten Bestands täglich adspektorisch zu untersuchen und mit Ganzspray-Behandlungsaktion und / oder Ganzwaschungen zu behandeln.

Der Antektoparasitika-Einsatz im Freiland zur prohylaktischen Zeckenbekämpfung ist aus Gründen des Umweltschutzes unter mitteleuropäischen Bedingungen problematisch und sollte möglichst umgangen werden.

Geschrieben von Angela Esser, THP, im Dezember 2009

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